Korruption ist in den letzten Jahren verstärkt in das öffentliche Bewusstsein getreten und hat in der Privatwirtschaft wie auch bei der öffentlichen Hand einen spürbaren Sinneswandel erlebt. Wegen der erheblichen volkswirtschaftlichen Kosten und des politischen Schadens, der durch Korruption auf allen administrativen Ebenen verursacht wird, wächst der nationale wie internationale Druck auf Unternehmen und die öffentliche Hand, vor allem seitens der EU, Korruption in jeder Form mit regulativen und organisatorischen Maßnahmen entgegenzutreten. Die öffentliche Hand steht vor der verantwortungsvollen Aufgabe, vergleichbar mit der Privatwirtschaft, innerhalb ihres Kompetenzbereiches ein Korruptionspräventionssystem zu schaffen, das trotz seiner Schnittmengen mit der Internen Revision, mit dem Risikomanagement und / oder dem Internen Kontrollsystem (IKS) einer eigenen Methodik folgt und andere Herausforderungen bewältigen muss, um nachhaltig Korruption zu vermeiden und zu bekämpfen.
Eine wesentliche Maßnahme in diesem Sinne ist die Ausbildung und Berufung einer/s Antikorruptionsbeauftragten. Er/sie ist Ansprechpartner/in für alle Mitarbeiter/innen hinsichtlich korruptionsrelevanter Verdachtsmomente und trägt wesentlich dazu bei, ein funktionsfähiges Präventionssystem in einer Behörde oder sonstigen öffentlichen Einrichtung zu implementieren. Zu ihren / seinen Aufgaben gehören insbesondere:
- die Behördenleitung in allen Fragen der Korruptionsprävention zu beraten, zu unterrichten und zu unterstützen;
- eine korruptionsbezogene Risikoanalyse innerhalb der Behörde bzw. öffentlichen Einrichtung vorzunehmen und auszuwerten;
- darauf basierend ein Präventionssystem aus organisatorischen und regulativen Maßnahmen zu entwickeln;
- Dienstanweisungen zur Annahme von Belohnungen und Geschenken, zu Interessenkollisionen, zum Umgang mit internen Ermittlungsverfahren etc. zu formulieren, ihre Wirksamkeit zu kontrollieren und langfristig weiterzuentwickeln;
- mit der Internen Revision, dem Risikomanagement, dem prozessintegrierten IKS, dem Datenschutzbeauftragten wirksam zu kooperieren und deren Arbeit im Bereich der Korruptionsprävention zu koordinieren;
- in Abstimmung mit einer externen Ombudsperson bzw. einem elektronischen Hinweisgebersystem Hinweise und Verdachtsmomente zu erfassen und zu verifizieren;
- interne Verwaltungsermittlungen mit den zuständigen Stellen innerhalb der Behörde zu initiieren und durchzuführen;
- mit Ermittlungsbehörden zu kooperieren;
- Sponsoringverfahren und Spenden unter dem Gesichtspunkt der Korruptionsprävention zu begleiten;
- regelmäßige bzw. anlassbezogene Sensibilisierungs- und Schulungsmaßnahmen zu initiieren und durchzuführen.
Der Lehrgang zur/m Antikorruptionsbeauftragten in der öffentlichen Verwaltung dauert insgesamt fünf Arbeitstage. Vier Tage finden ganztägige Schulungen mit jeweils vier Modulen statt. Am fünften Tag vormittags erfolgt eine zusammenfassende Vortragsveranstaltung und anschließend wird eine Prüfungsklausur, die im Falle ihres Bestehens zur Zertifizierung führt, angeboten. Sollte die Teilnahme an der Prüfungsklausur nicht gewünscht bzw. die Prüfung nicht bestanden werden, kann eine Teilnahmebescheinigung ausgestellt werden.
Die Teilnahme ist Mitarbeiter/innen von Behörden der Kommunal-, Bundes- und Landesverwaltung, sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten sowie Stiftungen und Unternehmen der öffentlichen Hand, die im Bereich Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung tätig sind oder sein werden, zu empfehlen.
Tag 1, 09:30 – 17:30 Uhr:
Modul1: Korruption in Deutschland – Lagebild und Phänomenologische Aspekte
- Begrifflichkeiten und Historisches
- Erscheinungsformen von Korruption
- Täterprofile und Risikobereiche
- Hell- / Dunkelfelder
- Lage in Deutschland, Europa, International
- Auswirkungen und Konsequenzen
Modul 2: Strafrechtliche Grundlagen (StGB und OWiG), Bestechlichkeit, Vorteilsannahme, Begleitdelikte
- Korruptionsbekämpfungsgesetz 1997 und seine Folgen
- Amtsträgerbegriff – Reichweite und Bedeutung
- Vorteilsannahme / Vorteilsgewährung
- Bestechlichkeit / Bestechung
- Begleitdelikte
- Gesetz zur Bekämpfung der Korruption 2015
- Gesetz zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen 2016
Modul 3: Interne Revision und Korruptionsprävention
- Interne Revision als präventives Instrument der Verwaltungskontrolle
- Aufgaben, Zuständigkeiten und organisatorische Anbindung
- Abgrenzung Interne Revision ./. Internes Kontrollsystem (IKS)
- Prüfmethoden
- Korruptionsprävention als Teil behördlicher Revisionstätigkeit
Modul 4: Risiko- bzw. Gefährdungsanalyse I
- Risiko- und Gefahrenbegriff
- Notwendigkeit der Risikoanalyse
- Methoden der Risiko- bzw. Gefährdungsanalysen
- Gefahrenidentifizierung
- Risikobewertung
Tag 2, 09:30 – 17:30 Uhr:
Modul 5: Risiko- bzw. Gefährdungsanalyse II
- Risikoidentifizierung anhand praktischer Beispiele
- Risikobewertung anhand praktischer Beispiele
- Erarbeiten einer Risikokarte / eines Risikoatlas
Modul 6: Konzeption eines Präventionssystems
- Ist- und Sollanalyse
- Konzept- und Wirksamkeitsprüfung
- Festlegung organisatorischer Maßnahmen
- Festlegung regulativer Maßnahmen
Modul 7: Organisatorische Maßnahmen zur Korruptionsprävention I
- Personalauswahl
- Rotation und Stellenwechsel
- Verstärkte Dienst- und Fachaufsicht
- Mehr-Augen-Prinzip und Transparenz
Modul 8: Organisatorische Maßnahmen zur Korruptionsprävention II
- Hinweisgebersysteme
- Vertragliche Maßnahmen, Verpflichtungsgesetz
Tag 3, 09:30 – 17:30 Uhr:
Modul 9: Prävention im Vergabeverfahren
- Trennung von Planung, Ausschreibung und Abrechnung
- Präventionsmöglichkeiten durch E-Vergabe
- Zentralisierung der behördlichen Beschaffung
- Präventions- und Prüfindikatoren
Modul 10: Manipulationen im Vergabeverfahren erkennen
- Submissionsbetrug
- Preisabsprachen und Kartellbildungen
- Auftragsstückelung zwecks Unterschreitung von Schwellenwerten
- Umgehung des Mehr-Augen-Prinzips
- Marktverengung durch vorgegebene Standards
- Extern beeinflusste Bedarfsbeschreibungen
Modul 11: Regulative Maßnahmen zur Korruptionsprävention
- Gesetzliche Grundlagen
- Verwaltungsvorschriften des Bundes und der Länder
- Verhaltenskodex und Antikorruptionsrichtlinie
- DIN ISO 37001:2016 - Anti-Korruptions-Managementsysteme
Modul 12: Sponsoring und Drittmitteleinwerbung
- Sponsoring, Spenden und Drittmittel
- Risiken und Zielsetzungen der Beteiligten
- Sponsorenvertrag und weitere Methoden zur Wahrung rechtlicher Grenzen
- (Rechtliche) Risiken des Sponsorings
- Strafrechtliche Probleme des Sponsorings
Tag 4, 09:30 – 17:30 Uhr:
Modul 13: Dienst- und arbeitsrechtliche Grundlagen – behördeninternes Ermittlungs- und Disziplinarverfahren
- Besondere Aspekte von Prüfungen aus gegebenem Anlass
- Rechtsrahmen für Verwaltungsermittlungen
- Abgrenzung interner Prüfungen zu Straf- oder Disziplinarermittlungen
- Aus Vorfällen lernen: Ableitung präventiver Maßnahmen aus Schadensfällen
Modul 14: Bewältigung von Krisensituationen und Öffentlichkeitsarbeit
- Reaktionspläne bei korruptiven Vorfällen
- Vermeiden von Reputationsschäden für die Behörden
- Präsent bleiben auch in „ruhigen“ Zeiten: Kommunikation und „Marketing“ der/des Antikorruptionsbeauftragten
Modul 15: Schulung und Information der Mitarbeiter/innen
- Grundsensibilisierung der Beschäftigten
- Erweiterte Schulung für Beschäftigte in Risikobereichen
- E-Learning-Programme
- Weiterbildung und Wissensmanagement der/des Antikorruptionsbeauftragten
Modul 16: Kontrolle und Nachsteuerung im Maßnahmensystem
- Präventionserfolge messbar machen und darstellen
- Qualitative Kennzahlen der Präventionstätigkeit
- Quantitative Kennzahlen der Präventionstätigkeit
- Fortschreibung/Aktualisierung der Gefährdungsanalysen
- Monitoring eingeführter Maßnahmen in Risikobereichen
Tag 5 virtuell (Dienstag nach dem Präsenzseminar), 09:30 – 13:00 Uhr:
09:30 - 11:00
Fragen und Antworten, Diskussion
Inhaltliche Zusammenfassung der 16 Module und Gelegenheit für die Teilnehmer Fragen zu stellen
11:00 - 11:30
Kaffeepause
11:30 - 13:00
Prüfung durch qanuun – Institut für interdisziplinäre Korruptionsprävention in der Verwaltung e.V. (virtuell, 90 Minuten)
Enthalten im Preis sind drei Übernachtungen, Frühstück und Mittagessen sowie die Tagungsunterlagen in elektronischer Form. Prüfungsgebühr: 250,- Euro zzgl. MwSt.